BI-Interview:
Thema Erdbebengefährdung
mit Jörg Meyer, Mitglied der Direktion, Basler Versicherungen AG
BI: Ist unsere Region erdbebengefährdet?
JM: Die seismische Erdbebengefährdung in der Region Basel wird von Fachleuten in der Schweiz als sehr hoch eingestuft. Erdbeben kennen weder Landes- noch Kantonsgrenzen. Die Beschaffenheit des Untergrundes in der Region erschüttert die Gebäude zehnmal stärker und länger als bei einem felsigen Standort! Weichere Böden (Flusstäler, Sedimente) lassen sich vergleichen mit einem Pudding: Ein leichter Stoss genügt, und schon wackelt er für ein paar Sekunden. Dadurch werden bei einem Erdbeben die Bauwerke um ein Vielfaches geschüttelt.
BI: Ist unser Nachbar ein „Erdbebenland"?
JM: Die Erdbeben der Schweiz stehen in Zusammenhang mit den beiden Bewegungen der afrikanischen und eurasischen Kontinentalplatten, die auch für die Bildung der Alpen verantwortlich waren und sind. In der Schweiz gibt es jährlich 600 Erdbeben der Stärke 1 bis 3 in Magnitude-Energie. Im europäischen Vergleich liegt die Erdbebenstatistik der Schweiz im Mittelfeld. Das stärkste historisch überlieferte Erdbeben nördlich der Alpen ereignete sich 1356 in Basel. Geschätzte Intensität IX. Und das nächste Erdbeben kommt bestimmt, die Frage ist nur: Wann?
BI: Wie werden Erdbeben gemessen?
JM: Die Intensität wird aufgrund der Wirkung und den Schäden an Gebäuden samt Inhalt, an Personen und Landschaft deï¬niert (seit 1998 nach der Europäisch Makroseismischen Skala). Ab Intensität VII gibt es massive Gebäudeschäden. Ab Intensität IX beginnt die grosse Zerstörung bis zur vollständigen landschaftverändernden Verwüstung mit Intensität XII. Die Intensität IX entspricht etwa der Magnitude (Richterskala) 7,4 bis 7,7, die der Intensität XII der Magnitude 9 und mehr. Die Intensität wird im Gegensatz zur Magnitude an der Erdoberfläche bestimmt.
BI: Welcher Versicherungsschutz besteht?
JM: In der Schweiz sind Schäden, die durch künstliche Wasseranlagen oder Stauseen entstehen, ohne Rücksicht auf ihre Ursache, in jeder Feuer- und Elementarschadenversicherung ausgeschlossen. Bricht der Staudamm infolge eines Erdbebens, so besteht für den geschädigten Gebäudeeigentümer kein Versicherungsschutz. In einem solchen Fall kann auch der Betreiber des Staudamms nicht haftpflichtig gesprochen werden.